Im Rahmen einer interdisziplinären Kooperation entwickelten wir ein evidenzbasiertes Raumkonzept für eine allgemeinmedizinische Praxis (Campuspraxis) in den Räumlichkeiten der Uniklinik RWTH Aachen. Im Sinne eines evidenzbasierten Gestaltungsansatzes brachten wir ein breites Spektrum empirischer und analytischer Instrumente in den Prozess ein, was eine solide evidenzbasierte und konzeptionelle Basis für den weiteren Prozess der Raumgestaltung schaffte.

Empirische Forschung und Recherche als belastbare Grundlage

Verfolgen Sie hier den empirischen Designprozess im Detail:

In Begleitung der beteiligten Ärzte fanden zwei Begehungen der Notaufnahme inklusive fotografischer Dokumentation von Räumlichkeiten und Signaletik statt. Dies vermittelte einen ersten Eindruck der Räumlichkeiten und der besonderen Anforderungen der entstehenden Praxis.

Um einen Eindruck der aktuell genutzten Räumlichkeiten der bestehenden, in die Campuspraxis umziehenden allgemeinmedizinischen Praxis zu erhalten, fand eine Begehung der Praxisräume statt. Zusätzlich wurden zwei medizinische Fachangestellte zu typischen Abläufen, Bedarfen der aktuellen Patientenschaft und etwaigen Verbesserungspotentialen befragt.

Im Rahmen von leitfadengestützten Interviews mit vier zum damaligen Zeitpunkt am Projekt ‚Campuspraxis’ beteiligten Ärzten wurden die Themenbereiche Aktuelle Patientenschaft, Erwartete Patientenschaft, Anforderungen an die Campuspraxis, Vision für die Campuspraxis, Telemedizin und Notaufnahme eruiert. Im Rahmen der Interviews fanden auch co-kreative Explorationen mithilfe von einem Grundriss und schematischen Darstellungen von Einrichtungsgegenständen statt.

Insgesamt wurden zwei quantitative Befragungen durchgeführt. Die Erste richtete sich an Mitarbeitende, Anwohnende (PLZ 52074) und Studierende der Uniklinik RWTH Aachen. Themenbereiche umfassten die aktuelle hausärztliche Versorgung, die eigene Patient:innenrolle, Telemedizin, Einstellung zur geplanten Campuspraxis und die Wirkung des Gebäudes der Uniklinik RWTH Aachen. Außerdem wurden sozio-demografische Variablen (Alter, Geschlecht, Bildungsabschluss) erfasst. An dieser Befragung nahmen 374 Personen teil.

Eine zweite Befragung richtete sich an die Patientenschaft der bestehenden allgemeinmedizinischen Praxis. Diese wurde vor Ort in den Räumlichkeiten der Praxis mithilfe von Papierfragebögen durchgeführt, sodass sich die Wartezeit in der Praxis zum Ausfüllen nutzen ließ. Neben der Zufriedenheit mit der ärztlichen Versorgung und den Praxisräumlichkeiten umfasste die Befragung die Themenbereiche Telemedizin und Einstellung zur geplanten Campuspraxis. An dieser Befragung nahmen 52 Personen teil.

Die gewonnenen Daten aller empirischen Erhebungen wurden analysiert und für die Kommunikation mit dem medizinischen Personal und Verantwortlichen der Uniklinik RWTH Aachen aufbereitet. Gleichzeitig wurden konkrete Ableitungen für die spätere Gestaltung herausgearbeitet.

Patient Experience Design als Analyse-Tool und Konzeptionsbasis

Die empirisch gewonnenen Daten wurden anschließend im Rahmen verschiedener analytischer Verfahren aufbereitet. Hierzu wurden auch Methoden des Patient Experience Design verwendet, um etwa Patient:innen-Typen (Patient Personas), prozedurale Abläufe (Patient Journey Map) oder das erweiterte System (Experience Ecosystem) zu erfassen.

Vor dem Hintergrund der empirischen Erhebungen erstellten wir 9 unterschiedliche Personas – also fiktive Archetypen – für die Zielgruppen UKA-Studierende, UKA-Mitarbeitende sowie andere Personen mit unterschiedlichem Alter, kulturellen Hintergrund, Vorerkrankungen und Lebenssituation. Diese wurden herangezogen, um bestehende Konzepte durchzuspielen und dabei Stärken und Schwächen zu identifizieren.

Für eine zentrale Auswahl der Personas wurden Patient Journey Maps – also eine Aufstellung des gesamten Verlaufs eines Praxisbesuchs von Haustür zu Haustür – erstellt. Der jeweilige Abgleich zwischen aktuellem Ablauf und zukünftigem, gewünschtem Zustand erlaubt, die Vorteile des neuen Konzepts (z.B. Zeitersparnis, Erleichterungen im Ablauf) zu verdeutlichen.

Eine Experience Ecosystem Map veranschaulicht die in dem System Campuspraxis beteiligten und zu berücksichtigenden räumlichen, technischen und digitalen Elemente.

Die Ergebnisse dieses Designprozesses umfassen ein Leitsystem sowie ein evidenzbasiertes Raumkonzept. Erfahren Sie hier mehr:

Leitsystem & Raumkonzept

Die Analyse der Laufwege und vorhandener Beschilderungen bildete die Grundlage für die Ausarbeitung eines Leitsystems von den unterschiedlichen Eingängen zur Campuspraxis. Hier wurde darauf geachtet, dass sowohl der Weg direkt zur Campuspraxis als auch über die Notaufnahme, die durch ein shared desk Prinzip mit der Praxis verbunden ist, berücksichtigt wurde. Auch der Weg im Außenbereich der Klinik war zu beachten.

In Bezug auf das Raumkonzept sind exemplarisch einzelne Elemente herauszustellen:

  • Je nach Bedarf lassen sich über die verbauten Lichtelemente unterschiedliche Lichtstimmungen erzeugen. Im Empfangs- und Untersuchungsbereich ist helleres, kälteres Licht, im Wartebereich wärmeres Licht vorgesehen.
  • Die Besprechung findet an einem halbrunden Tisch statt mit gemeinsamem Blick auf den Monitor.
  • Großflächige Textilspannrahmen zeigen eine Küstenimpression, die die gewählte Themenwelt aufgreift, einen Bezug zur Natur sowie positive Ablenkung durch unterschiedliche Strukturen und Blickführung schafft.
  • Es wurde ein eigener telemedizinischer Arbeitsplatz eingerichtet, der mit zwei Monitoren und einer zusätzlichen Leuchte ausgestattet ist. An der gegenüberliegenden Wand ist wiederum die großflächige Küstenimpression zu sehen, um den Wiedererkennungswert auch bei telemedizinischen Sprechstunden zu erhöhen.

Die Forschungsgruppe FIPS arbeitete auf dieser wissenschaftlichen Basis ein nutzer:innenzentriertes Praxisarrangement aus. Das Design betont klare Linien und Formen, um einen strukturierten Raum zu schaffen und dabei modern, sauber und einladend zu wirken. Als Kontrastpunkt zur übrigen Gestaltung der Uniklinik RWTH Aachen schafft das Praxisdesign eine Atmosphäre der Ruhe für Patient:innen und Mitarbeitende gleichermaßen. Der Gestaltungsprozess wurde auf Grundlage eigener empirischer und analytischer Vorarbeiten vom Designinstitut für Gesunde Gestaltung kontinuierlich begleitet und informiert.

Die GEIGER media & design, DiDiWi Group Metallbau, Elektro Gena und Pietrzak Bausanierung setzten das erarbeitete Konzept in die Realität um. Im Januar 2024 nahm die Campuspraxis ihren Betrieb auf.

Copyright Renderings (2024): Forschungsgruppe Innovative Produkte & Systeme (FIPS) der GFTN e.V.

Project responsibility: Dr. Müller & Dr. Rehn-Groenendijk

Duration: 2023-2024

With: Kooperationsprojekt mit „Forschungsgruppe Innovative Produkte & Systeme“ der GFTN e.V.

For: MVZ Aachen gGmbH & Uniklinik RWTH Aachen

Contribution:

  • Empirische Forschung
  • Analyse Prozesse
  • Patient Experience Design
  • Evidence-based concept development
  • Leitsystementwicklung

4 Fields of work

Medicine

What if the design of a doctor's office, the interplay of spaces, processes and communication media could lead to a more effective daily treatment routine and enable greater trust and openness among patients?

Architecture

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Psychotherapy

How can the spatial conditions favor the therapeutic process, create trust and radiate security and warmth?

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