Am 22.04. sind beim March for Science weltweit tausende Menschen auf die Straßen gegangen, um sich für die Freiheit, Neutralität und Förderung der Wissenschaft einzusetzen. Besonders in den USA wurde dies auch als Reaktion auf die Politik der amerikanischen Regierung verstanden, die mit Aussagen wie „alternative facts“ bei vielen für Unbehagen gesorgt haben. Und auch für die Gestaltung hat dies große Bedeutung.

Besonders aus sich der Wissenschaft ist die Bezeichnung alternativer Fakten ein Paradoxon, das an den Grundpfeilern der klassischen Forschung rüttelt:

Eine Tatsache (lateinischfactum, res facti; griechischπράγματα) ist je nach Auffassung ein wirklicher, nachweisbarer, bestehender, wahrer oder anerkannter Sachverhalt.

wikipedia.de – Stichwort: Fakt

Die Wissenschaft beschäftigt sich in ihrem Grundwesen zunächst mit der Sammlung neuen Wissens. Wissenschaft schafft also Wissen. Dies kann bedeuten, dass neue Zusammenhänge untersucht, neue Hinweise gefunden oder alte Annahmen verworfen werden. Dabei bemühen sich wissenschaftliche Methoden in der Regel mit einem demütigen Verständnis von Wissen, indem sie im Sinne der Wissenschaftstheorie Poppers

[Popper, 1934] davon ausgeht eine Aussage nur solange als richtig zu betrachten, solange sie nicht wiederlegt wurde. Im Sinne der Gütekriterien wissenschaftlicher Forschung geht es also immer darum, Sachverhalte so genau wie methodisch möglich zu untersuchen und sich so der Wahrheit immer nur anzunähern. Wissenschaft sucht dabei stets nach Belegen, um eine Aussage zu stützen. Im englischsprachigen Raum spricht man dabei von evidence-based wenn ein Vorgehen wissenschaftlich begründet ist.

 

Evidence-based Design geht nur ohne alternative Fakten

Seit einigen Jahren gibt es derartige Bemühungen auch in der Gestaltung. Mit dem Begriff des evidence-based Designs werden demzufolge Methoden beschrieben, die gestalterische Entscheidungen wissenschaftlich begründen. Besonders für die gesundheitsfördernde Gestaltung etwas im medizinischen Kontext ist diese Herrangehenseweise in einigen Fällen vielversprechend, da sie Gestaltern mehr Sicherheit gibt und gestalterische Interventionen auch ex post facto, also nach deren Umsetzung, überprüfbar macht. Auch wenn es wissenschaftstheoretisch selten unumstößliche Fakten gibt, so basieren im evidence-based Design gestalterische Entscheidungen stets auf der Grundlage des gegenwärtigen Wissens eines Fachgebietes. Dieses Vorgehen erlaubt dabei auch im Design keine alternativen Fakten. Wissenschaftliche Belege können widersprüchlich sein, Zweifel aufwerfen oder Theorien widerlegen. Bei konsequenter Umsetzung zielt die wissenschaftliche Herangehensweise jedoch stehts auf die Erforschung der tatsächlich vorhandenen Strukturen und Wirkungen ab. Dazu gibt es keine Alternativen. Genau daher ist Wissenschaft auch im Design von großer Bedeutung, da sie der Gestaltung Wissen verschafft über ihre Prozesse, den Kontext und die Wirkung ihrer Resultate. Besonders dort wo Gestaltung Therapien unterstützen und Konflikte reduzieren soll, ist es ratsam, objektives Wissen alternativlos zu verfolgen.